§ 315b StGB: Was gilt als gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr?

Von Dr. Philipp Hammerich

Letzte Aktualisierung am: 18. August 2025

Geschätzte Lesezeit: 6 Minuten

Tabelle: Diese Strafen erwarten Sie bei einem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr

StraftatStrafe
gefähr­licher Ein­griff in den Stra­ßen­ver­kehr Geld­strafe oder Frei­heits­stra­fe bis zu 5 Jah­ren
... mit Vor­satz Frei­heits­strafe von 1-10 Jah­ren
... in beson­ders schwe­ren Fäl­len Frei­heits­strafe von 1-10 Jah­ren
mit fahr­läs­siger Ver­ur­sac­hung ei­ner Ge­fahrGeld­strafe oder Frei­heits­stra­fe bis zu 3 Jah­ren
mit fahr­läs­si­gem Han­delnGeld­strafe oder Frei­heits­stra­fe bis zu 2 Jah­ren

Im Video einfach erklärt: Der gefährliche Eingriff in den Straßenverkehr

Lassen Sie sich hier unser Video zum Thema, was ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr ausmacht, anzeigen!
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FAQ: Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr

Wobei handelt es sich um einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr?

Ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr besteht, wenn Sie ein Hindernis bereiten oder wenn Sie Fahrzeuge oder Anlagen beschädigen bzw. zerstören. Die genaue Definition finden Sie weiter unten.

Ist ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr eine Straftat?

Ja. Deswegen ist es ebenso wie die Gefährdung des Straßenverkehrs im § 315 Strafgesetzbuch (StGB) geregelt. Begehen Sie einen gefährlichen Eingriff, müssen Sie mit einer Freiheits- oder Geldstrafe rechnen. Mehr dazu erfahren Sie hier.

Was kostet ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr?

Häufig resultiert ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr in einer Geldstrafe. Deren Höhe ist nicht einheitlich festgelegt und hängt von mehreren Faktoren, wie z. B. der Schwere des Vergehens oder der wirtschaftlichen Situation des Täters ab.

Was ist ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr?

Ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr kann Leben kosten.
Ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr kann Leben kosten.

Der Straßenverkehr lebt davon, dass die Menschen sich regelkonform und vorhersehbar verhalten. Dadurch können Unfälle und andere Gefahrensituationen schon im Vorhinein verhindert werden. Wenn Sie allerdings auf eine gefährliche Art und Weise in den Straßenverkehr eingreifen und dadurch andere Personen sowie deren Eigentum einem nicht hinnehmbaren Risiko aussetzen, begehen Sie eine Straftat.

Folgende Handlungen gelten gemäß § 315b Strafgesetzbuch (StGB) Abs. 1 als gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr:

  • die Zerstörung, Beschädigung oder Beseitigung von Anlagen oder Fahrzeugen
  • das Bereiten von Hindernissen (z. B. Ketten oder Barrikaden)
  • ein ähnlicher, ebenso gefährlicher Eingriff

Als „Anlagen“ sind im Sinne von § 315b Abs. 1 Nr. 1 StGB Schilder, Ampeln oder die Straße selbst gemeint. Dadurch, dass auch das Beschädigen von Fahrzeugen durch § 315b StGB abgedeckt ist, ist auch das „Luft aus den Reifen lassen“ ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr.

Ein Eingriff ist in der Regel ein Einwirken von außen. Er geschieht nicht im normalen fließenden oder stehenden Verkehr. Es handelt sich also um eine Ausnahmesituation und ist von Verstößen wie der Geschwindigkeitsüberschreitung zu unterscheiden. Auch rücksichtsloses Autofahrens gehört nicht dazu. Es fällt stattdessen unter die in § 315c StGB definierte Gefährdung.

Um zu verdeutlichen, was als ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr gemäß § 315b StGB angesehen wird, erläutern wir Ihnen im folgenden Abschnitt einige wichtige Beispiele.

Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr anhand verschiedener Beispiele einfach erklärt

Der Griff ins Lenkrad – Greift § 315b StGB?

Ein Griff ins Lenkrad durch einen Beifahrer kann einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr nach § 315b StGB darstellen. Die Handlung fällt unter die Kategorie eines „ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriffs“, da sie die Kontrolle des Fahrers über das Fahrzeug massiv beeinträchtigt.

Ein maßgebliches Urteil hierzu stammt vom Bundesgerichtshof (BGH).

  • BGH-Urteil vom 13.06.2006 (Az. 4 StR 123/06): In diesem Fall griff ein Beifahrer in das Lenkrad eines Taxis, woraufhin die Fahrerin die Kontrolle über das Fahrzeug verlor und auf dem Seitenstreifen zum Stehen kam. Der BGH bestätigte, dass der Griff ins Lenkrad einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr gemäß § 315b StGB darstellen kann.
Greifen Sie als Beifahrer ins Lenkrad, greift § 315b StGB.
Greifen Sie als Beifahrer ins Lenkrad, greift § 315b StGB.

Das Gericht stellte jedoch klar, dass die Strafbarkeit davon abhängt, ob eine konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Sachen von bedeutendem Wert geschaffen wurde. Die bloße Beeinflussung des Fahrverhaltens reicht nicht aus. Es muss eine Situation entstehen, in der die Sicherheit des Verkehrs so stark beeinträchtigt wird, dass ein Unfall nur noch vom Zufall abhängt. Im genannten Fall war diese konkrete Gefährdung gegeben, da das Taxi eine Schlenkerbewegung machte und es beinahe zu einem Zusammenstoß mit anderen Fahrzeugen gekommen wäre.

Der BGH betonte auch, dass es für die Strafbarkeit unerheblich ist, ob der Täter die Gefährdung als sein Hauptziel hatte. Es reicht aus, wenn er sie als mögliche Folge seines Handelns billigend in Kauf nimmt.

Ist das Ausbremsen anderer Autofahrer ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr?

Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr: Das Ausbremsen eines anderen Fahrers erfüllt diesen Straftatbestand.
Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr: Das Ausbremsen eines anderen Fahrers erfüllt diesen Straftatbestand.

Normalerweise ist mit einem Eingriff ein Einwirken von außen auf den Verkehr gemeint. Ein Fahrzeug wird dazu also in der Regel nicht gebraucht. Eine Ausnahme dazu bildet das Ausbremsen, welches als gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr durch mehrere Urteile eingeordnet wird.

Bereits am 01.09.1967 (Az.: 4 StR 340/67) beschloss der Bundesgerichtshof (BGH), dass das absichtliche Ausbremsen eines anderen Fahrzeugs ein Hindernis im Sinne des § 315b Abs. 1 Nr. 2 StGB darstellte. Wenn Sie also mit Ihrem Auto einem anderen Verkehrsteilnehmer den Weg versperren und ihn so zum Anhalten zwingen, begehen Sie eine Straftat, bei der Ihnen in der Regel ein Vorsatz unterstellt werden darf. Dadurch steigt höchstwahrscheinlich Ihre Strafe.

Welche Freiheits- und Geldstrafen zieht ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr nach sich?

In § 315b Abs. 1 StGB heißt es:

Wer die Sicherheit des Straßenverkehrs […] beeinträchtigt […] und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Ist ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr eine Straftat?
Ist ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr eine Straftat?

Dementsprechend müssen Sie mit einer Haftstrafe von bis zu fünf Jahren oder mit einer Geldstrafe rechnen, wenn Sie wegen eines gefährlichen Eingriffs belangt werden. Dabei ist auch entscheidend, wie gravierend die Folgen Ihres Vergehens war. Ist es ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr mit Körperverletzung oder Todesfolge, fällt die Strafe schwerer aus, als wenn alle Verkehrsteilnehmer mit einem sprichwörtlichen blauen Auge davongekommen sind und es z. B. nur zu einer Sachbeschädigung kam.

Begehen Sie absichtlich einen gefährlichen Eingriff (also mit Vorsatz), werden sogar zwischen einem und zehn Jahren Freiheitsstrafe verhängt. Die Möglichkeit einer Geldstrafe entfällt an dieser Stelle. Handeln Sie allerdings fahrlässig, betragt die maximale Haftstrafe drei bzw. zwei Jahre.

Weiteres können Sie an dieser Stelle unserer Übersicht entnehmen.

Übrigens: Wann verjährt ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr eigentlich? Es gibt festgeschriebene Fristen, die sich an der Schwere des Vergehens sowie an die normalerweise verhängten Strafen orientieren. So gibt es bspw. bei Mord gar keine Verjährung. Ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr hingegen verjährt bereits nach fünf Jahren. Allerdings kann diese Frist steigen, wenn der Eingriff erfolgte, um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu vertuschen. Dann sind die Täter ganze zehn Jahre nicht vor rechtlichen Konsequenzen sicher.

Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr: Führerscheinentzug, Punkte und Fahrverbote sind unüblich

Meistens zieht ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr keinen Führerscheinentzug nach sich.
Meistens zieht ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr keinen Führerscheinentzug nach sich.

Es mag überraschen, doch tatsächlich ist es recht unwahrscheinlich, dass Sie aufgrund eines gefährlichen Eingriffs Ihren Führerschein verlieren. Dies liegt daran, dass die meisten Vergehen, bei denen § 315b StGB Anwendung findet, gar nicht als Führer eines Fahrzeugs stattfinden. Wenn Sie einen Gullideckel entfernen, Reifen zerstechen oder als Beifahrer ins Lenkrad greifen, begehen Sie die Straftat nicht hinter einem Steuer. Deswegen gibt es in solchen Situationen weder Fahrverbote noch Punkte in Flensburg.

Übrigens: Ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr rechtfertigt kein Bußgeld, sondern eine Geldstrafe. Dies liegt daran, dass es sich nicht um einen Verstoß, sondern um eine Straftat handelt. Der Bußgeldkatalog findet keine Anwendung.

Bremsen Sie jedoch bspw. ein Kfz hinter Ihnen aus, können Sie den Führerschein entzogen bekommen, da Sie den gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr anrichten, während Sie Auto fahren. Neben dem Führerscheinentzug kann das Gericht darüber hinaus eine Sperrfrist zwischen sechs Monaten und fünf Jahren beschließen, die zur Folge hat, dass Sie in dieser Zeit den Führerschein nicht wieder erlangen können.

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Über den Autor

Dr. Philipp Hammerich (Rechtsanwalt)
Dr. Philipp Hammerich

Dr. Philipp Hammerich absolvierte nach einem abgeschlossenen Studium an der Universität in Hamburg das Referendariat beim OLG in Hamburg. Er promovierte beim damaligen Richter am BVerfG, Prof. Dr. Hoffmann-Riem. Mit seiner Expertise klärt er Verbraucher u. a. über ihre Rechte im Bußgeldverfahren auf.

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