eCall – Was leistet das Notrufsystem?

Von Sascha D.

Letzte Aktualisierung am: 5. April 2024

Geschätzte Lesezeit: 7 Minuten

Automatischer Notruf per eCall: Bald Pflicht in Deutschland?

Einen automatischen Notruf vom Auto absetzen zu können, ist hilfreich, wenn Sie alleine unterwegs sind.
Einen automatischen Notruf vom Auto absetzen zu können, ist hilfreich, wenn Sie alleine unterwegs sind.

Ab dem 31. März 2018 sind eCall-Systeme (kurz für „emergency call“) in Neuwagen Pflicht. Dieser Beschluss ging aus einer Abstimmung vom 28. April 2015 im EU-Parlament hervor.

Das Notrufsystem soll bei einem Unfall via GPS-Signal einen automatischen Notruf senden, sodass Fahrer schnelle Hilfe durch den Rettungsdienst erfahren können, selbst wenn sie ohnmächtig oder bewusstlos sind.

So sollen laut EU-Kommission bis zu zehn Prozent weniger Menschen bei Autounfällen sterben. Aber wie soll das funktionieren und welche Daten werden übermittelt? Im Ratgeber finden Sie die Infos.

FAQ: eCall

Was bedeutet „eCall“?

Es handelt sich hierbei um ein System, welches einen Unfall ab einer bestimmten Intensität automatisch an die Notrufzentrale weiterleitet. Dabei werden die Standortdaten des Fahrzeugs gesendet und der Notdienst erhält die Möglichkeit, mit den Personen im Fahrzeug zu sprechen, ob diese tatsächlich auf Hilfe angewiesen sind.

Welche Vorteile bringt das eCall-System?

Dank eCall kann der Notruf auch dann verständigt werden, wenn der Fahrer selbst dazu nicht in der Lage ist (z. B. weil er das Bewusstsein verloren hat) oder wenn keine andere Person in der Nähe ist, um dies zu erledigen. Das System kann im Falle eines Unfalls so Leben retten.

Bietet das eCall-System auch Nachteile?

Welche Kritikpunkte gegen eCall vorgebracht werden, erfahren Sie hier.

Was ist ein eCall-System genau?

Stellen Sie sich vor, Sie sind mit Ihrem Auto nachts auf der Landstraße unterwegs. Kein Mensch und kein Auto weit und breit in Sicht, das nächste Wohnhaus ist bestimmt noch zwei Kilometer entfernt. Es ist dunkel und es regnet.

Durch eine nicht angepasste Geschwindigkeit kommen Sie durch Aquaplaning ins Schleudern oder Sie geraten in einen Wildunfall und prallen gegen einen Baum. Durch die Wucht des Aufpralls werden Sie ohnmächtig. Wer kann nun den Notruf absetzen, um Sie schnell ins Krankenhaus transportieren zu können?

Mit einem eCall kann der Rettungsdienst nach einem Unfall schnell handeln.
Mit einem eCall kann der Rettungsdienst nach einem Unfall schnell handeln.

Ist das Auto mit einem Notrufsystem ausgestattet, kann eben dieser eCall Ihr Leben retten. Denn je nachdem, ob Ihr Auto entsprechende Crash- oder Airbagsensoren aufweist, wird der Unfall ab einer bestimmten Intensität an die Notrufzentrale weitergeleitet. Durch diese bestimmten Sensoren am Auto soll verhindert werden, dass bei einem kleinen Parkrempler oder Auffahrunfall direkt der Notruf verständigt wird.

Alternativ kann der Unfall auch durch Tastendruck gemeldet werden. Durch den eCall-Notruf werden dann Ihre Standortdaten an die Zentrale gesendet. Zudem erhält der Notdienst die Möglichkeit, mit den im Wagen verunfallten oder sogar eingeklemmten Personen zu sprechen.

Welche Daten übermittelt das Notrufsystem eCall?

Sollten Sie einen Unfall verursachen und das System automatisch bzw. manuell ausgelöst werden, übermittelt das Notrufsystem diverse Informationen an die zuständige Notrufzentrale. Dazu gehören neben Ihren Standortdaten auch der Zeitpunkt des Unfalls, die Treibstoffart Ihres Kraftfahrzeugs sowie die Anzahl der Personen, die im Auto sitzen. Diese Informationen sollen der Rettungsdienststelle helfen, schnell und präzise reagieren zu können.

Gerade die Übermittlung des Standorts ist eines der wichtigsten Hilfsmittel bei der Rettung von Verletzten. Denn besonders dann, wenn Nicht-Ortskundige den Notruf absetzen oder es gar zu Verständigungsproblemen zwischen Unfallopfer bzw. Ersthelfer und Notdienst kommt, ist eine eindeutige Angabe des Unfallortes schwierig.

Ein eCall aus dem Auto kann präziser sein, als die Angabe durch eine nicht-ortskundige Person.
Ein eCall aus dem Auto kann präziser sein, als die Angabe durch eine nicht-ortskundige Person.

Auch dann, wenn der Schock über den Unfall – ob als direkt Beteiligter oder als Ersthelfer – groß ist, kann die Übermittlung der genauen Unfallumstände besonders schwierig sein. Denn einen klaren Gedanken zu fassen, scheint dann unmöglich. In diesen schweren Situationen kann ein Notrufsystem wie eCall sehr hilfreich sein und im Ernstfall sogar Leben retten.

Die Technik: Wie der Auto-Notruf funktioniert

Wie bereits erwähnt erfolgt die Datenübertragung per GPS-Signal. Entsprechend muss das jeweilige Kraftfahrzeug mit einem GPS-Empfänger ausgestattet sein. Zudem muss das Fahrzeug eine GSM-Antenne besitzen, die den Notruf an die entsprechende Zentrale weiterleiten kann.

Außerdem benötigt das Auto ein Steuergerät. Über dieses wird durch die Mobileinheit die internationale Notrufnummer 112 gewählt. Wenn die Meldung des Unfalls automatisch geschehen soll, ohne, dass ein manueller Schalter betätigt werden muss, sind ebenfalls spezielle Sensoren vonnöten.

Diese sollten so am Fahrzeug befestigt werden, dass bei der Überschreitung einer bestimmten Intensität eines Aufpralls das Notrufsignal gesendet wird. Um die Kommunikation der Notrufzentrale und der Insassen des Fahrzeugs zu vereinfachen, kann zudem ein Mikrofon und ein Lautsprecher installiert werden. Über diese können verletzte Personen mit der Notrufzentrale sprechen, ohne den Telefonhörer in die Hand nehmen zu müssen.

Bei plötzlichen Ausfallerscheinungen am Lenkrad, die zwar nicht mit einem Unfall einhergehen, aber die Gesundheit des Fahrers drastisch beeinflussen (wie zum Beispiel bei einem Herzinfarkt oder Schlaganfall im parkenden Zustand), kann ebenfalls der Notruf im Auto per manueller Taste ausgelöst werden.

Zudem sollte eine Notstromversorgung für den Ernstfall eingerichtet werden. Um vor Fahrtantritt sicherzugehen, dass der eCall im Auto auch funktioniert, zeigt eine Kontrollleuchte die Funktionsfähigkeit des Geräts an.

Beim innovativen eCall spielt der Datenschutz eine große Rolle.
Beim innovativen eCall spielt der Datenschutz eine große Rolle.

Zu guter Letzt sollte die Notrufzentrale über einen Datensatz der hersteller- und modellabhängigen Rettungskarten verfügen. So kann über die Fahrzeug-Identifizierungsnummer (FIN-Nummer oder auch VIN-Nummer, für: vehicle identification number) des verunfallten Kraftfahrzeugs die benötigte Rettungskarte abgerufen werden.

Die elektronische Übermittlung der Rettungskarte

Eine Rettungskarte bietet dem Rettungsdienst viele nützliche Informationen, falls Personen bei einem Unfall zu Schaden gekommen sind und aus ihrem Fahrzeug befreit werden müssen. Denn jedes Fahrzeugmodell ist anders.

Die Rettungskarte beschreibt dann genau, wo die Leitungen des Fahrzeugs liegen und an welchen Stellen besondere Hilfsmittel nötig sind, um den Fahrzeugrahmen unter Umständen aufbrechen zu können.

Zudem kann so eine nachträgliche Auslösung des Airbags vermieden werden. Eine Druckversion der Rettungskarte ist nicht immer in allen Autos vorhanden. Deshalb ist die elektronische Übermittlung dieser Karte sinnvoll, um bei eingeklemmten Personen im Wagen die bestmögliche Hilfe zu leisten.

System auch für Ersthelfer sinnvoll

Nicht nur für die Insassen des verunfallten Autos ist das Notrufsystem hilfreich. Auch dann, wenn Sie als Autofahrer auf einen Unfall stoßen, können Sie ohne große Umstände den Notdienst rufen. Da Sie als (Erst-)Helfer verpflichtet sind, den Notruf zu kontaktieren und Erste Hilfe zu leisten, ist eCall auch eine Möglichkeit für Sie, die Kontaktierung der Rettungskräfte abzukürzen.

Haben Sie den Notruf abgesetzt, müssen Sie außerdem die Unfallstelle mit einem Warndreieck und Ihrer Warnblinkanlage absichern und – wenn Personen verletzt sein sollten – Erste Hilfe leisten. Dies müssen Sie so lange tun, bis der Rettungsdienst eintrifft und Ihnen die Arbeit abnimmt. Aus diesem Grund ist ein eCall-System für das Auto durchaus sinnvoll, um schnelle Hilfe leisten zu können.

eCall im Auto – Kosten des Systems

Die Kosten vom eCall-System halten sich in Grenzen.
Die Kosten vom eCall-System halten sich in Grenzen.

Viele Autofahrer fragen sich nun, wie viel Geld sie in das komplette System investieren müssen. Laut EU halten sich die Kosten allerdings in Grenzen. Ein Notrufsystem per eCall in Europa einbauen zu lassen, kostet pro Fahrzeug keine hundert Euro und sollte den Endverbraucher deshalb nicht in Unkosten stürzen.

Können Sie das Notrufsystem nachrüsten?

Ab 2018 ist ein automatisches Notrufsystem in allen Neufahrzeugen Pflicht. Wer nun glaubt, ein eCall-System auch nachrüsten zu können, so wie es bislang vorgestellt wurde, liegt allerdings falsch. Denn: Nur bei Neuwagen kann die Innovation eingebaut werden.

Allerdings gibt es ähnliche Systeme, mit denen Sie den eCall nachrüsten können. So gibt es beispielsweise ein Notrufsystem von Bosch, das in den Zigarettenanzünder im Auto gesteckt wird.

Beschleunigungssensoren erkennen einen Unfall, wodurch ein Signal per Bluetooth an eine entsprechende Smartphone-App weitergeleitet wird. Durch diese wird der Unfall wiederum der Notrufzentrale gemeldet und gibt zudem Ihren Standort an, damit Ihnen schnell geholfen werden kann.

Außerdem kann eine Sprechverbindung zwischen dem verunfallten Autofahrer und dem Notruf hergestellt werden. Für diese Nachrüstung benötigen Sie einen 12-Volt-Zigarettenanzünder im Auto, zudem ein Smartphone mit einer Android-Version ab 2.3.4 oder ein iPhone 5 oder neuer mit dem Betriebssystem iOS8.

Wieso wird eCall eingeführt?

Ein automatischer Notruf kann die Standortangaben präzisieren.
Ein automatischer Notruf kann die Standortangaben präzisieren.

Ziel ist es, ein in ganz Europa funktionierendes Notrufsystem einzurichten, dass keine Sprachbarrieren oder andere Verständigungsprobleme aufweist. Auch jetzt – vor 2018 – gibt es bereits diverse Autohersteller, die das eCall-System in diverse Kraftfahrzeuge einbauen.

Damit diese hilfreiche Funktion auch flächendeckend funktioniert und nicht nur einigen ausgewählten Autofahrern zur Verfügung steht, soll der Einbau eines Notrufsystems verpflichtend werden. So soll die Zahl der Unfalltoten innerhalb der EU verringert und schnelle Hilfe am Unfallort garantiert werden.

Zudem sind Rettungskräfte der Meinung, dass viele Menschenleben gerettet werden könnten, wenn der Notdienst früher am Unfallort einträfe. Entsprechend zählt bei einem Unfall jede Sekunde. Mit einem eCall-System können Sie daher durchaus Zeit einsparen.

eCall und Datenschutz – Kritik am automatischen Notrufsystem

Neben den genannten Vorteilen der schnellen Ersten Hilfe gibt es allerdings auch viele kritische Stimmen, die die Einführung vom eCall innerhalb der EU bemängeln. Besonders hinsichtlich des Datenschutzes wird das Notrufsystem kritisch beäugt.

In einigen Medien wird sogar vom „gläsernen Autofahrer“ gesprochen. So soll das eCall System auch über Unfälle hinaus die Daten der Autofahrer sammeln und entsprechend auswerten können.

Bei der Rettung von Verletzten zählt jede Sekunde - ein eCall kann dazu beitragen.
Bei der Rettung von Verletzten zählt jede Sekunde – ein eCall kann dazu beitragen.

Doch das sei beim eCall laut Gesetzgebung der EU nicht der Fall. Das Notrufsystem sei ein sogenanntes „schlafendes System“, das Informationen erst und nur dann preisgäbe, wenn es zu einem Unfall käme, bei dem Hilfe benötigt würde. Eine Fahrzeugverfolgung in einem anderen Kontext als dem Unfall sei deshalb ausgeschlossen. Zudem sei auch keine Übermittlung der Daten bei einem weniger schweren Zusammenstoß, wie bei einem Unfall mit Parkschaden, vorgesehen.

Entsprechend müssen Autofahrer vor der ersten Benutzung des eCall-Systems zuerst der Übermittlung ihrer Daten zustimmen, bevor das System diese selbstständig an eine Notrufzentrale sendet.

Zudem liegen bezüglich des Datenschutzes weitere Vorgaben vor:

  • Die deutschen und europäischen Datenschutzbestimmungen sind einzuhalten
  • Positionsdaten des Fahrzeugs dürfen nur im Notfall – also im Zuge eines Unfalls – übermittelt werden
  • Daten, die übermittelt wurden, dürfen nicht an Dritte weitergegeben oder zu anderen Zwecken als der Rettung der Unfallopfer genutzt werden

Werden diese Datenschutzvorgaben eingehalten, kann dem eCall-System – bis auf die potentielle Möglichkeit der Datenabfrage – wenig vorgeworfen werden. Denn die Rettung von Verletzten sollte bei diesem Notrufsystem im Mittelpunkt stehen.

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Über den Autor

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Sascha D.

Sascha ist aufgrund seines rechtswissenschaftlichen Studiums an der Universität Greifswald ein Experte auf seinem Gebiet. Seit 2017 unterstützt er die Redaktion von bussgeldrechner.org mit seinem profundem Hintergrundwissen. Dabei stellt er sicher, dass seine Artikel inhaltlich fundiert und präzise sind.

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